Auf der globalen Kunstlandkarte schießen allerorten neue Kunstbiennalen, Festivals, Messen und sonstige Veranstaltungen wie Pilze aus dem Boden. Venedig und New York, klar. Berlin und Istanbul, Sao Paulo, Göteborg sind weitere etablierte Orte. Viele kleinere aber, regionale, unbekanntere kamen in den letzten Jahren hinzu. Zeitgenössische Kunst ist nicht nur Ausdruck urbaner Kultur, sie wird zunehmend auch strategisch als weicher Standortfaktor im globalen Marketingwettbewerb der Metropolen und Regionen eingesetzt. Das führt zu expansiver Vermehrung und Vermarktung von Kunsteventkultur. Aus dem Leben eines planetarisch operierenden Kunstliebhabers sind all diese Veranstaltungen, die das liebe Leben kulturkalendarisch und flugroutenräumlich organisieren, längst nicht mehr wegzudenken.
Abseits der gewohnten Routen und erschlossenen Territorien städtischer Kunst- und Lebenskultur fand in diesem Sommer bereits zum zweiten Mal eine Biennale der anderen Art statt: die Land Art Biennale Mongolia 360°. Einen abgelegeneren und zugleich überraschenderen Ort für eine Kunstbiennale als die mongolische Wüste ist zunächst kaum vorstellbar. Umso mehr freut es uns, dass Marc Schmitz, Berliner Künstler und Mitinitiator der Land Art Biennale, uns dankenswerterweise einige photographische Eindrücke aus der kargen Ferne für unseren Blog bereitgestellt hat. Es sind in mehrfacher Hinsicht Boten zeitlicher und räumlicher Entfernung und zugleich Dokumente kulturellen Transfers.
Die Heroen der Land Art wie Andy Goldsworthy, Robert Smithson, Richard Long oder Walter de Maria ließen bereits in den späten Sechzigern die räumliche Begrenztheit des Ateliers und der Galerie hinter sich – und zogen aus in die Abgeschiedenheit der nordamerikanischen Wüsten, um dort im Dialog mit vorgefundenem Naturmaterial und unberührten landschaftlichen Gegebenheiten eine ortspezifische und zumeist auch ephemere Kunstpraxis zu erproben. Die Wüste mit ihren einsamen Weiten wurde also schon damals als künstlerischer Handlungsraum entdeckt. Sie wurde zum Ort einer inneren und äußeren Reise. Die Natur selbst zum Medium manchmal großräumiger archaischer Zeichen und zum resonanten gegenzivilisatorischen Erfahrungsraum.
Mit ihrem alten nomadischen Erbe und den grenzenlosen Wüstengebieten bietet die Mongolei die Möglichkeit, lokale Traditionen und spezifische Orte mit der Herausforderung an die Künstler zu verknüpfen, die Positionen der Land Art neu zu denken. Dabei fällt auf, dass sich auch Performance und konzeptuelle Arbeitsweisen in diesem Zusammenhang neu behaupten. Auch künstliche Materialen – und das unterscheidet viele Arbeiten erheblich von ihren Vorläufern – verirren sich als heimliche Zivilisationboten in die Abgeschiedenheit der Wüstengegend und entfalten dort in neuer Umgebung den Glanz ihrer gesammelten Fragwürdigkeit. Überhaupt richten sich, wie auch das kurze kuratorische Vorwort im Katalog bescheinigt, die Beiträge dieser Biennale weniger an den älteren Überzeugungen der Land Art aus, in denen der Mensch durch archaisches Erleben in seine ursprüngliche Verbundenheit mit der Natur und in die kosmische Ordnung zurückgeführt werden sollte. Gefragt sind vielmehr diskursive Markierungen in den drängenden wie verwickelten globalen Fragestellungen der ökologischen und soziopolitischen Krise. Die großen Fragen der Globalisierung, der Erderwärmung, der Ausbeutung von Rohstoffen und der Vernichtung von Ökosystemen sind unsichtbarer Teil jener Landschaft geworden, in der Künstler heute mit Land Art agieren.





















Bilderreihe zur Biennale auf facebook
Teilnehmende Künstler:
BATZORIG CHIMEDDORJ LUIS CAMNITZERCHIMEDDORJ SHAGDARJAV
ANNA MACLEOD
HAN SUNGPIL
MARC SCHMITZ
DAGVADORJ SEREETER
BRUCE CONKLE AND MARNE LUCAS
BLANE DE ST. CROIX
MAX HOOPER SCHNEIDER
JESSICA SEGALL
TUGULDUR YONDONJAMTS
MARO AVRABOU & DIMITRI XENAKIS
WANG HAIYUAN
BATZORIG DUGARSUREN
NOMAD WAVE ART GROUP
MARCUS VINÍCIUS
DOLGOR SER-OD
MAIK TERIETE
IRENE PÄTZUG
HYE KYUNG SON
KINGSLEY NG
THOMAS C. CHUNG
NATSUKO UCHINO
MICHAEL MÜLLER